Der Global Organic Textile Standard gGmbH steht für einen international anerkannten Standard in der Textilindustrie, der ökologische und soziale Kriterien für die gesamte Lieferkette von Textilien umfasst. Um mehr über die Bedeutung dieser Zertifizierung zu erfahren, traf Nils, Business Developer bei Boender & Beutel, sich mit Christian Zaudig zu einem Gespräch unter Kollegen. Der Verantwortliche für die Zertifizierung teilt seine Erfahrungen und Einsichten über den Zertifizierungsprozess, die Motivation des Unternehmens und die Auswirkungen der GOTS-Zertifizierung auf Boender & Beutel.
Nils: Hey Chris! Schön, dass du dir die Zeit nimmst. Wer bist du und was machst du bei der Boender & Beutel GmbH?
Chris: Mein Name ist Christian Zaudig und ich bin Senior Projektmanager und Einkaufsleiter bei Boender & Beutel. Ich habe meine Karriere als Mediengestalter Azubi in einem Textildruck-Betrieb begonnen und später bei KOMA-Merchandising GmbH (heute eine Marke von Boender & Beutel) als Grafiker und Sachbearbeiter gearbeitet. Dort wurde ich irgendwann zum Betriebsleiter. Anschließend bin ich zu Boender & Beutel gewechselt und habe dort das Wachstum des Unternehmens miterlebt und mitgestaltet. Mein Verantwortungsbereich umfasst u. a. den operativen Einkauf für Print-on-Demand Ware und die Betreuung von Zertifizierungsprozessen.
„Wir wollen eine faire und Nachhaltige Arbeitsumgebung schaffen.
Christian Zaudig
Apropos! Warum haben wir uns eigentlich GOTS-zertifizieren lassen?
Mit unserem Wachstum und unserer Ausrichtung auf Nachhaltigkeit und Qualität wurden Zertifizierungen immer wichtiger für uns. Ein Beispiel dafür ist einer unserer Hauptlieferanten, Stanley/Stella, der sich ebenfalls auf Nachhaltigkeit und Qualität konzentriert. Sie haben uns dazu inspiriert, entsprechende Standards einzuhalten und Zertifizierungsprozesse zu starten. Die Motivation zur GOTS-Zertifizierung war die Möglichkeit, ein hochwertiges und strenges Label zu erhalten, das wenig Raum für Greenwashing lässt. Wir wollten, dass nicht nur unsere Produkte, sondern auch wir als Unternehmen zertifiziert sind. So erhält der Kunde ein durchweg zertifiziertes Produkt. Der Global Organic Textile Standard umfasst unter anderem eine schadstofffreie Produktion, die Verwendung von organischer Baumwolle sowie hohe Sozial- und Compliance-Standards. Unsere Motivation war auch das Ziel, eine faire und nachhaltige Arbeitsumgebung zu schaffen, indem wir die GOTS-Richtlinien erfüllen. Wir wollten nicht nur zertifizierte Produkte anbieten, sondern auch zertifizierte Prozesse und Strukturen leben.
Wie lief der Zertifizierungsprozess ab?
Das erste Audit wurde im Jahr 2020 von CERES durchgeführt, einem von GOTS legitimierten Auditor. Nach unserem Erstkontakt mit CERES folgte 2020 ein Interview und ein Angebot für das Audit, das dann vor Ort durchgeführt wurde. Anschließend wurde ein Bericht geschrieben und vom Auditor an eine interne Person weitergeleitet, die diesen auswertet. Aus meiner Sicht war der Prozess sehr gut gegen Korruption abgesichert. Nach der Auswertung bekamen wir ein Abweichungsschreiben mit Fristen, in dem festgelegt war, welche Maßnahmen im Unternehmen ergriffen werden müssen, um die GOTS-Richtlinien zu erfüllen. Wir haben entsprechende Prozesse implementiert und dokumentiert, was bisher noch nicht schriftlich festgehalten wurde. Viele der Richtlinien hatten wir bereits erfüllt, aber sie waren noch nicht dokumentiert, um ihre Messbarkeit zu gewährleisten. Das waren sowohl soziale als auch umweltbezogene Richtlinien. Wir haben also alles getan, was GOTS gefordert hat und 2020 zum ersten Mal das GOTS-Zertifikat erhalten. Jetzt sind wir in der GOTS-Datenbank als zertifiziertes Unternehmen aufgeführt.
Nach einem ziemlich aufwendigen, aber notwendigen Prozess wurden wir also zertifiziert. Und wie ging es dann weiter?
Es gibt ein jährliches Re-Audit, bei dem überprüft wird, ob wir immer noch die (hin und wieder aktualisierten) Richtlinien erfüllen. Der Vorteil der Zertifizierung und Standardisierung besteht darin, dass wir gemeinsam mit den Standardgebern einen Regelkatalog vereinbaren, um gemeinsam nachhaltige und hochwertige Arbeit zu leisten. Der Standard geht über gesetzliche Anforderungen hinaus und sorgt so für exzellente Prozesse und Produkte. Beispiele für Sozialstandards sind beispielsweise die Existenz eines internen anonymen Beschwerdesystems und die Gewährleistung eines Gehalts, das den Lebensunterhalt in der jeweiligen Region sichert, anstatt nur den Mindestlohn zu zahlen.
Wir haben jetzt also die Möglichkeit, GOTS-zertifizierte Produkte nach den GOTS-Richtlinien weiterzuverarbeiten und zu verkaufen Wie können Geschäftskunden von uns ihre Produkte nach GOTS zertifizieren lassen?
Wenn ein Geschäftskunde selbst GOTS-ausgewiesene Ware verkaufen will, erstellen wir zunächst ein Angebot. Bei Auftragsstellung fordern wir dann bei unserem Lieferanten ein Transaktionszertifikat (TC) an, um die GOTS-konforme Lieferkette zu gewährleisten. Diese TCs stellen sicher, dass die Produkte die GOTS-Produktkriterien erfüllen. Wir stellen dem Kunden eine Rechnung und weisen die Lieferkette mithilfe der TCs nach. Übernehmen wir als Boender & Beutel GmbH das Fulfillment in unserem Namen, verläuft der Prozess wie gerade beschrieben. Wenn ein Unternehmen selbst die Rechnung an seine Kunden ausstellt und als letzter Teil der Lieferkette fungiert, muss es sich selbst GOTS-zertifizieren lassen. Dafür müssen sogenannte Betriebszertifikate, die zweite Säule der GOTS-Zertifikate, erlangt werden. Diese stellen sicher, dass ein Betrieb selbst die Kriterien (wie Sozialstandards) zur Verarbeitung von GOTS-Produkten erfüllt.
Unser Bewusstsein für die Bedeutung der Zertifizierung sowohl für unser Unternehmen als auch für unsere Kunden hat sich geschärft.
Christian Zaudig
Was hat sich durch die Zertifizierung im Unternehmen geändert?
Tatsächlich waren wir bereits vor der Zertifizierung sehr nah am Standard. Es gab praktisch nichts, was ein Ausschlusskriterium für das Label gewesen wäre. Wir sind schon immer ein modernes und bewusstes Unternehmen, das Wert auf Nachhaltigkeit, soziale Verträglichkeit und Qualität legt. Was sich jedoch geändert hat, ist, dass wir nun Prozesse dokumentiert haben und sie dadurch messbarer und transparenter geworden sind. Außerdem hat sich unser Bewusstsein für die Bedeutung der Zertifizierung sowohl für unser Unternehmen als auch für unsere Kunden geschärft. Wir haben uns in den letzten Jahren immer weiterentwickelt, und die Zertifizierung war ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und Qualität.
Wie geht es denn jetzt weiter?
Wir streben an, unsere Zertifizierungen in den nächsten Jahren weiter auszubauen. Ein weiteres Ziel ist die vollständige GOTS-Zertifizierung im Bereich Print-on-Demand. Das bedeutet, dass nicht nur die Produkte, sondern auch die gesamte Lieferkette, einschließlich unserer Druckerei und unserer Partner, GOTS-zertifiziert sein müssen. Wir wollen sicherstellen, dass unsere Kunden hochwertige und nachhaltige Produkte erhalten, die von der Rohstoffgewinnung bis zur Produktion den höchsten Standards entsprechen. Zudem möchten wir unsere Partnerschaften mit GOTS-zertifizierten Lieferanten weiter ausbauen, um eine noch breitere Auswahl an nachhaltigen Materialien und Produkten anbieten zu können. Nachhaltigkeit ist und bleibt ein wichtiger Teil unserer Unternehmensstrategie, und wir werden weiterhin daran arbeiten, unsere Prozesse und Produkte kontinuierlich zu verbessern.
Vielen Dank für das Interview und die interessanten Einblicke!
Gern geschehen. Es war mir eine Freude, über unsere Erfahrungen mit der GOTS-Zertifizierung zu sprechen. Ich hoffe, dass wir damit auch andere Unternehmen ermutigen können, den Weg der Nachhaltigkeit einzuschlagen und sich zertifizieren zu lassen. Gemeinsam können wir einen positiven Beitrag für die Umwelt und die Gesellschaft leisten.